Redaktion
The week
from 7. until 13. November 2019
Brasilien
Wieder mit Lula

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Zunächst ist es nur eine gestundete Strafe, kein Freispruch von allen gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Dass Ex-Präsident Lula da Silva jedoch vorerst das Gefängnis verlassen kann, feiern seine Anhänger als Sieg für die Linke Brasiliens. Dieser fehlte für mehr als anderthalb Jahre eine überzeugende Führungsfigur, die Lula wieder sein will, wie er nach seiner Freilassung zu verstehen gab. Er wolle das Land bereisen und zeigen, dass es „viel besser sein könnte, wenn es einen Präsidenten hätte, der nicht so viel auf Twitter lügt wie Bolsonaro“. Der Angegriffene reagierte prompt und nannte seinen Gegenspieler einen „Schurken“, dem „freiheitsliebende Brasilianer“ nicht glauben dürften. Lutz Herden
Polen
Ohne Tusk

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Jetzt steht es fest – und muss für die polnischen Liberalen kein Nachteil sein. Donald Tusk, 2007 – 2014 Regierungschef in Warschau, kehrt nicht in die Politik des Heimatlandes zurück, wenn seine EU-Ratspräsidentschaft demnächst endet. Die Partei Bürgerplattform (PO) brauche für die Präsidentenwahl 2020 einen Bewerber, „der nicht durch die Vergangenheit belastet ist“, so Tusk in Brüssel. So hat der Ex-Premier unter anderem das in seiner Amtszeit angehobene Renteneintrittsalter zu verantworten, was die regierende PiS umgehend korrigierte. Alles spricht dafür, dass Tusk künftig den Vorsitz der nach Verlusten bei der Europawahl kriselnden Europäischen Volkspartei (EVP) übernimmt. Lutz Herden
Saudi-Arabien/Jemen
Weniger Angriffe

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Tauwetter wäre der falsche Begriff, doch eine leichte Entspannung zwischen Riad und den Nordjemen beherrschenden Huthi-Rebellen ist erkennbar. Die saudische Luftwaffe fliegt seit Tagen weniger Angriffe, während das Oberkommando in Sanaa gut 300 Gefangene aus dem Lager des gestürzten Präsidenten Hadi freiließ. Auch gab es keinen erneuten Drohnen-Angriff der Huthi auf saudische Ölanlagen wie Mitte September, als die Produktion binnen Stunden um die Hälfte sank. Saudi-Arabien muss darauf reagieren, dass die Vereinigten Arabischen Emirate aus der Anti-Huthi-Allianz ausscheren und südjemenitische Separatisten mittlerweile ein weiterer Machtfaktor sind. Lutz Herden
Sozialstatistik
Mehr ohne Wohnung

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Noch immer gibt es keine amtliche Statistik über Wohnungslosigkeit, doch nun liegt eine neue Schätzung vor: Rund 678.000 Menschen waren im Laufe des Jahres 2018 in Deutschland ohne Wohnung, darunter 441.000 anerkannte Geflüchtete. Diese Zahlen stellte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zu ihrer jährlichen Bundestagung vor. Damit nahm Wohnungslosigkeit um 4,2 Prozent gegenüber 2017 zu. Gänzlich ohne Unterkunft lebten den Schätzungen zufolge 41.000 Menschen. Ein Gesetz zur offiziellen Wohnungslosenerfassung brachte Sozialminister Hubertus Heil in diesem Jahr auf den Weg. Die erste Bundesstatistik ist zum 31. Januar 2022 geplant. Elsa Koester
Hannover
Grün regiert

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Hannover hat einen neuen Oberbürgermeister. Der Grünen-Politiker Belit Onay (Foto) setzte sich in der Stichwahl gegen den für die CDU angetretenen Eckhard Scholz durch. Im Wahlkampf setzte Onay auf die Verkehrswende: bis 2030 eine autofreie Innenstadt, das Ein-Euro-Ticket für Bus und Bahn, ein besserer ÖPNV. Und das in Hannover, der „autogerechten Stadt“ mit Nähe zu Wolfsburg. Das ist nicht die einzige Zäsur, über 70 Jahre wurde die Stadt von der SPD regiert. Onay war früher selbst SPD-Mitglied. Der 38-Jährige kam in Goslar als Sohn türkischer Gastarbeiter zur Welt. Er ist der erste Oberbürgermeister mit Migrationsgeschichte, der eine Landeshauptstadt regieren wird. Martina Mescher