Vaterbücher haben ihre Konjunkturen. Und manche Generationen haben einen größeren Abrechnungsbedarf als andere. Schwer vorzustellen zum Beispiel, dass ein Millennial in dreißig Jahren ein Buch über Leben und Sterben des Vaters schreibt (zugegeben: Édouard Louis hat es mit Wer hat meinen Vater umgebracht bereits jetzt getan). Annie Ernaux, geboren 1940, also Problemvatergeneration, hat mit Der Platz ein Vaterbuch geschrieben. Ein Buch über Liebe und Distanz, über einen geteilten Platz, auf dem sich ein unüberwindbarer Graben auftut: jener der Klassen- und Bildungsunterschiede.
Der Vater ist ein einfacher, ein „rechtschaffener“ Mann. Nie hat er höhere Schulbildung genossen, war Arbeiter, dann Inhaber eines kleinen Ladens in der Normandie. Er, der – vielleicht mit Recht – annimmt, dass die…
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