1 Die Anklage: Das war eine Fiktion zu viel
Auch Dichter dürfen nicht lügen, selbst wenn man davon ausgeht, dass ihr Handwerk die literarische Unwahrheit ist. Wenn Robert Menasse nun versucht, seine gefälschten Zitate Walter Hallsteins dadurch zu begründen, dass er als Dichter nicht an die Regeln der alltäglichen Kommunikation gebunden sei, dann instrumentalisiert er die Freiheit der Fiktionalität als Feigenblatt für einen prosaischen Schwindel. Denn diese Freiheit, Personen, Orte oder Ereignisse zu erfinden, setzt voraus, dass der fiktionale Status eines Textes klar markiert wird. Menasse lässt sich in der Welt mit den Worten zitieren: „Was kümmert mich das ‚Wörtliche‘, wenn es mir um den Sinn geht“ – als wäre es ein Privileg des Autors, reale historische Personen zu behandeln wie ein …
!-->